Roger Rankel ~ Können Sie Gesprächsjudo?

 

Vier Gesprächstechniken, die jeder Verkäufer beherrschen sollteRoger Rankel

 

Verkaufen ist (auch) ein Sprechberuf, Verkäufer sind salopp gesprochen „Maulwerker“, nicht Handwerker. Wann haben Sie das letzte Mal Ihr wichtigstes Werkzeug, die Sprache, optimiert? Wenn das schon länger zurückliegt, haben Sie jetzt Gelegenheit dafür. Vertriebsexperte Roger Rankel verrät nützliche Gesprächstechniken.

 

  • Gesprächsjudo: Mit Kundeneinwänden gelassen umgehen

 

Wörtlich übersetzt, bedeutet das japanische „Jū-dō“ sanfter (oder auch edler) Weg. Ein erfahrener Judoka lässt gegnerische Attacken ins Leere laufen, statt in die direkte Konfrontation zu gehen. Stattdessen nutzt er die Energie seines Gegenübers bei der Gegenwehr. Beim „Gesprächsjudo“ ist es ähnlich. Sie kontern Kundeneinwände nicht unmittelbar, sondern Sie treten einen Schritt zur Seite und nutzen anschließend das Argument Ihres Gegenübers als Ausgangspunkt für sich. Ein Beispiel:

 

Kunde:      „Na ja, dafür gibt es aber doch die Rentenversicherung.“

 

Berater:    „Herr Kunde, es ist richtig und gut, dass Ihnen die gesetzliche Rentenversicherung bereits eine gewisse Vorsorge bietet. Damit Sie sehen, was das konkret bedeutet und ob Ihnen das als Absicherung wirklich genügt, sollten wir uns zusammensetzen.“

 

Welche Einwände hören Sie am häufigsten? Und wie könnte Ihre Judo-Reaktion darauf aussehen?

 

  • Ausgrenzungstechnik: Endlos-Frager bremsen

 

Kundenfragen sind berechtigt und erwünscht. Doch was tun, wenn das Fragen kein Ende hat und der Kunde sich in Details verzettelt? Ein Beispiel:

 

Kundin:     „Ja, aber, Herr Berater, was ist, wenn ich möchte, dass jemand anderer bezugsberechtigt wird?“ – Berater: „….“

Kundin:     „Aha. Und was ist, wenn ich hier mehrere Personen einsetzen will?“ – Berater: „…“

Kundin:     „Ach so. Und das kann ich jederzeit ändern?“ – Berater: „…“

Kundin:     „Mmh. Und was ist, wenn …“

 

Bei solchen Frageketten sollten Sie nicht immer wieder in die Beantworter-Falle tappen. Steigen Sie lieber rechtzeitig aus:

 

Kundin:     „Ja, aber, Herr Berater, was ist, wenn ich möchte, dass jemand anderer bezugsberechtigt wird?“

Berater:    (bevor er inhaltlich auf die Frage eingeht) „Frau Kundin, wenn auch diese Frage positiv geklärt ist, passt die Sache dann für Sie?“

 

Mit dieser vorläufigen Ausgrenzung des Einwands kürzen Sie die Fragekette des Kunden ab und lenken die Aufmerksamkeit wieder auf Wichtigeres. Und das Beste: Sie machen gleich einen Vorabschluss!

 

  • Der kontrollierte Dialog: Eine Denkpause gewinnenRoger Rankel

 

Das passiert selbst alten Hasen: Ein Kunde verblüfft Sie mit einer Frage, mit der Sie nicht gerechnet haben. Statt unüberlegt loszureden oder ratlos zu zögern, verschaffen Sie sich eine Denkpause, indem Sie seinen Punkt mit eigenen Worten wiederholen. Erst dann bringen Sie Ihre Erwiderung. Ein Beispiel:

 

Kunde:      „Und wie werden Adoptivkinder dabei berücksichtigt?“

Berater:    „Sie meinen, ob es einen Unterschied zwischen leiblichen und adoptieren Kindern in dieser Frage gibt?“

Kunde:      „Ja, und zwar im Rahmen einer Erwachsenenadoption, die ich in Erwägung ziehe. Möglicherweise gibt es hier noch Besonderheiten.“

Berater:    „Herr Kunde, diese Frage ist juristisch so komplex, dass ich dafür lieber einen Experten zurate ziehen würde. Wann entscheidet sich denn für Sie, ob es zu einer Adoption kommt?“

 

Das Grundmuster hier ist das Folgende:

 

Kunde:      „…?“
Berater:    „Sie meinen also, dass / Verstehe ich Sie richtig, dass

[Wiederholung]?“

Kunde:      „Ja, genau …“

Berater: „ … [Argument]“

 

Wie Sie im Beispiel sehen, müssen Sie nicht immer eine Antwort parat haben. Auch der Hinweis auf die Hinzuziehung eines Dritten kann Ihre Glaubwürdigkeit stärken.

 

  • Tit for Tat: Auf Augenhöhe miteinander reden

 

Das englische „Tit for Tat“ bedeutet sinngemäß „Wie du mir, so ich dir“. Gute Verkäufer sind selbstbewusst, sie lassen nicht alles mit sich machen. „Kunden kaufen nur von Siegern“, heißt es zu Recht. In der Praxis jedoch ziehen viele Verkäufer vorschnell den Kopf ein, wenn ein Kunde harsch reagiert. Doch Herumeiern bringt Sie in solchen Fällen nicht weiter. Reagieren Sie lieber entschieden. Ein Beispiel:

 

Kundin:     „Nein, eine Finanzberatung ist nicht das Richtige für mich! Ich habe vor Jahren mal ellenlang mit einem Berater diskutiert und dabei ist nichts herausgekommen. Schade um die Zeit.“

 

Bevor Sie weiterlesen: Wie würden Sie darauf reagieren? Nach dem Tit-for-Tat-Prinzip könnte die Antwort so lauten:

 

Berater (scherzhaft): „Aha. Einmal viel Zeit mit einem wenig qualifizierten Berater verschwendet zu haben hält Sie ein Leben lang davon ab, sich eine Stunde Zeit für ein wichtiges Gespräch zu nehmen?“ ;-))

 

Bei so einem Konter geht es nicht nur um die Sache: Es geht auch um ein Kräftemessen und um gegenseitigen Respekt. Wenn Sie auf Augenhöhe verkaufen wollen, sollten Sie gelassen, aber deutlich reagieren. Was haben Sie zu verlieren?

 

(4.816 Zeichen)

 

Der Autor Roger Rankel ist mehrfach ausgezeichneter Vertriebsexperte, der sowohl für DAX-Unternehmen als auch für Mittelständler und Kleinunternehmen die Themen Kundenakquise und nachhaltige Umsatzsteigerung coacht. Rankels neuestes Buch heißt “Etwas etwas anders machen”, Gabal Verlag.

 

© Roger Rankel 2015

Abdruck honorarfrei gegen Beleg an

Roger Rankel – Der Vertriebsexperte – Seewiesstraße 1 – 82340 Feldafing am Starnberger See.

 

[events_show category=“31″]