Roger Rankel über Klartext im Verkaufsgespräch
Wer imponiert Ihnen selbst stärker: Die wachsweichen Typen, die Ihnen in allem nach dem Mund reden – oder Gesprächspartner, die auch mal eine unangenehme Wahrheit aussprechen? Zu wem haben Sie mehr Vertrauen?
Die meisten Menschen haben feine Antennen für Schmeichler und schätzen ein offenes Wort zur rechten Zeit. Das ist im Verkauf nicht anders!
Unbeliebter Beruf
Verkäufer haben hierzulande ein Image-Problem. Sie gelten im allerschlimmsten Fall als aufdringliche Schwätzer, die anderen auf Teufel komm raus etwas andrehen wollen. Der mit Abstand unbeliebteste Beruf in Deutschland ist Versicherungsvertreter, so die Süddeutsche Zeitung 2010 unter Berufung auf eine repräsentative Umfrage.
Sogar als Straßenkehrer oder Putzfrau würden die meisten Menschen lieber arbeiten, als anderen etwas zu verkaufen. Das war die schlechte Nachricht. Die gute: Je stärker Sie selbst sich von diesem Verkäuferklischee abheben, desto erfolgreicher werden Sie verkaufen.
Kuschelkurs bringt nichts!
Dass Menschen „Jasager“ im Grunde nicht mögen, bedeutet für den Verkauf: Kuschelkurs bringt nichts! Konfrontieren Sie Ihre Kunden gelegentlich mit unangenehmen Wahrheiten. Das meine ich mit der Maxime des „Forderns“.
Denn wenn Sie Ihrem Kunden immer Recht und niemals Kontra geben, bestätigen Sie genau das Klischee vom aufschwatzenden Verkäufer. Top-Verkäufer dagegen haben Ecken und Kanten, Kuschelkurs ist ihnen fremd.
Autoverkäufer im Guinnessbuch
Ein schönes Beispiel ist Joe Girard, der es als bester Autoverkäufer der Welt bis ins Guinnessbuch der Rekorde schaffte. In 15 Jahren verkaufte er 13.000 Neuwagen; einmal an einem einzigen Tag 18 Stück.
Joe Girard riss sich für seine Kunden ein Bein aus. Er wurde berühmt dafür, jährlich Tausende von Grußkarten zu verschicken, zu einer Zeit, als das Wort „Networking“ noch nicht mal erfunden war.
Aber er redete auch Klartext. Wenn ein Kunde während des Verkaufsgesprächs beispielsweise sagte, er müsse „erst mal überlegen“, fragte ihn Girard:
„Warum sprechen wir nicht über das, worüber Sie nachdenken müssen:
Ist es die Größe des Autos? Ist es der Ruf des Herstellers? Wissen Sie noch nicht, wie viel Sie heute ausgeben möchten?“
Wo Durchschnittsverkäufer um den heißen Brei herumreden würden, überraschte Girard seine Kunden mit Offenheit. Beispielsweise sagte er am Ende des Gesprächs:
„Lassen Sie mich ganz offen fragen: Auf einer Skala von 0 bis 10 –wobei 0 für ‚kein Interesse‘ steht
und 10 für ‚Ich nehme es‘ – wie schätzen Sie Ihre Kaufneigung ein?“
Das verschaffte Girard nicht nur ein ehrliches Feedback, sondern auch den Respekt seiner Kunden. Ein offenes Wort zur rechten Zeit wird auch Ihre Kunden positiv beeindrucken.
So reden Sie gekonnt Klartext
Im Folgenden ein paar Wendungen, die Ihnen leicht über die Lippen gehen sollten – etwa, wenn Ihr Kunde Sie mit überzogenen Erwartungen konfrontiert:
„Bei allem Respekt, Frau Kundin, exklusives Design und niedrige Preise, beides zusammen ist unmöglich!“
„Herr Kunde, Sie sind so gut aufgestellt – anspruchsvoller Beruf, schönes Haus, tolle Familie. Was ich nicht verstehe: Warum haben ausgerechnet Sie keine Berufsunfähigkeitsversicherung??
Erklären Sie es mir!“
Flagge zeigen
Eine andere Situation, die alle Verkäufer kennen: Ihr Kunde versetzt Sie, kommt zu einem Termin eine halbe Stunde zu spät oder sagt kurzfristig ab. Während man Freunden ein solches Verhalten nicht kommentarlos durchgehen lässt, machen beim Kunden viele Kollegen gute Miene zum bösen Spiel.
Warum eigentlich? Zeigen Sie lieber Flagge, sonst wird dieser Kunde beim nächsten Mal wieder unpünktlich sein:
„Herr Kunde, was halten Sie davon, wenn wir Folgendes vereinbaren: Immer, wenn ich Ihnen etwas zusage, können Sie sich auf mich verlassen. Und immer, wenn Sie mir etwas zusagen – wie diesen Termin heute – kann ich mich auf Sie verlassen!“
Das ist ein selbstbewusster Auftritt. Und Sie wissen ja, „Kunden kaufen nur von Siegern“.
„Ja, aber …“-Kunden
Ehe Sie sich den Mund „fusselig reden“, drehen Sie den Spieß um, wenn Ihr Gegenüber bei allem, was Sie vorschlagen, mit einem reflexhaften „Ja, aber“ reagiert:
„Frau Kundin, wie muss das Angebot denn aussehen, damit Sie sagen, ich bin zufrieden?“
Auch einer nicht enden wollenden Fragenkette nach dem Muster „Was wäre, …?“ sollten Sie Grenzen setzen. Nehmen wir an, Ihr Kunde hat vor dem Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung bereits ein halbes Dutzend möglicher Fälle mit Ihnen durchgespielt. Sagen Sie beim nächsten „Und was wäre, wenn …“ freundlich, aber bestimmt:
„Herr Kunde, wenn wir auch diesen Punkt geklärt haben, sind wir dann im Geschäft?“
Das nenne ich die Methode der „Ausgrenzung“. Und sollten Sie den Eindruck bekommen, jemand fragt Ihnen Löcher in den Bauch, um hinterher im Internet gut informiert einzukaufen, können Sie mit der folgenden Frage kostbare Lebens- und Verkaufszeit sparen:
„Woher nehme ich eigentlich die Zuversicht, Frau Kundin, dass Sie das wirklich mit mir umsetzen wollen?“
Provozieren – aber richtig!
Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie ausspricht, plakatierte die BILD-Zeitung mal.Und damit hat sie Recht!
Selbst eine gezielte Provokation zur rechten Zeit kann sich als clevere Verkaufsstrategie erweisen. Mir hat in einem Karibikurlaub ein gewiefter Verkäufer mal eine so genannte „Abenteuertour“ verkauft, indem er an einem Punkt, an dem ich bereits zu drei Vierteln überzeugt war, ganz cool sagte:
„Ich muss Sie aber warnen: Die Tour ist teilweise schon sehr abenteuerlich!“
Was ältere Damen möglicherweise abgeschreckt hätte, gab bei mir den Ausschlag: Jetzt wollte ich es wissen!
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Zur Person
Andere reden nur drüber, Roger Rankel beherrscht ihn aus dem Effeff: umsatzstarken Vertrieb. Ob mitreißender Vortrag, praxisorientiertes Verkaufstraining, Coaching der Vertriebsmannschaft oder Einzelbegleitung: Mit Roger Rankel setzen Kunden auf garantierten Erfolg.
Er steht für kommunikative Verkaufsförderung, für das strategisch durchdachte und erfolgsorientierte Verkaufsgespräch. Mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem „Großen Preis des Mittelstands“ und dem „Internationalen Deutschen Trainingspreis“ gehört der Vertriebsexperte sowohl für DAX-Unternehmen als auch für erfolgsorientierte Klein- und Mittelständler zur ersten Wahl, wenn es um Kundengewinnung und nachhaltige Umsatzsteigerung geht.
Zuletzt veröffentlichte der Bestsellerautor „Das kleine Buch zum großen Verkauf“. Das Wirtschaftsmagazin impulse bescheinigt ihm: „Die Zahl der Neukunden bei Rankels Schülern steigt im Schnitt um bis zu 24 Prozent “